Entwurf Kunst am Bau, „verlorene Zeit.“
Hier nun der leicht gekürzte Text meines Entwurfes zu einem Kunst am Bau Wettbewerb, der wie gesagt abgelehnt wurde, weil er zu „dunkel“ wäre.
Ich meinte, in dem Text erklärt zu haben, warum das Element Finsternis eine tragende Rolle in dem Entwurf spielt, doch anscheinend ist es nicht verstanden, oder nicht gelesen worden.
Für mich bedeutet das indess: Ich kann meinen Entwurf nicht wie geplant umsetzen und alle Experimente und Materialanschaffungen dafür waren scheinbar umsonst oder nicht genügend.
Ich weiß, die Welt dreht sich weiter, und es kommt vielleicht eine neue Gelegenheit, wo ich das Gelernte anwenden kann. Doch es ist schwer so eine Ablehnung zu akzeptieren, vor allem, wenn man weiß, daß Leute in der Jury sind, die persönlich motiviert handeln und die gegen einen etwas haben, und zudem derart unsachlich begründen, was eigentlich gar keine Begründung ist.
Doch bildet euch selbst ein Urteil und fragt euch selbst: Kann man als Begründung akzeptieren, der Entwurf wäre „zu dunkel“ wenn man Text und Bild in Einklang bringt und verstanden hat?
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„Denn die einen sind im Dunkeln und die anderen sind im Licht. Und man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“ (Brecht, Dreigroschenoper)
Liebes Ausloberteam, liebe Jury,
im Folgenden stelle ich meine Idee eines Kunst am Bau Projektes für das Haus vor. Die vorgeschlagenen baulichen Eingriffe sind im Vorfeld bei einem Besichtigungstermin abgesprochen worden. Sollte etwas in meinen Ausführungen unklar sein, bitte ich um Nachfrage unter dem oben angegebenen Kontakt.
Ausgangsidee:
Ich gehe von der Überlegung aus, dass der Mensch sich seine eigene Welt durch seine Wahrnehmung schafft. Laut den Erkenntnissen der modernen Quantenphysik nimmt er das, was er glaubt wahr und baut sich daraus seine Realität. Das, was wir heute Wahrheit nennen, ist die wahrgenommene Erkenntnis von vielen. Eine Welt, die nicht wahrgenommen wird, ist nicht vorhanden. Wir bilden die Realität durch Wahrnehmung, davon den allergrößten Teil unbewusst und nur einen sehr geringen Teil bewusst.
Diese Botschaft hat 2 Seiten, eine gute und eine schlechte: Zum einen wissen wir dadurch, dass wir aktiven und passiven Einfluss auf das Geschehen da draußen haben, können die Erkenntnis also nutzen, um die Dinge zum Positiven hin zu wenden. Zum anderen, und das macht sich jetzt gerade in der Coronapandemie vor allem für die Kunst und Kultur bemerkbar: Was nicht gesehen wird, verschwindet aus dem Bewusstsein, erst aus dem Bewusstsein Einzelner, dann aus dem kollektiven Bewusstsein und hört dann praktisch auf zu existieren.
Meine Installation, die ich im Folgendem näher beschreiben werde, zielt auch und vor allem auf das, was üblicherweise kaum oder gar nicht gesehen wird.Die verpasste Zeit:
Wie verhält es sich mit ihr? Man sagt, Kunst könne Zeit konservieren. Die Zeit, die der Künstler an einem Werk feilt, sei in ihm eingraviert. Die Zeit gerinnt und wird zu Materie durch des Künstlers Hand. So gesehen ist die Zeit nicht verloren, wenn das Streben des Künstlers aufrichtig war. Und nur dann wird ein Werk authentisch, wenn der Künstler ihm genug von seiner Zeit widmet.
Die Zeit, die dem Haus verloren gegangen ist, kann ich nicht wieder einholen, das wäre zu viel versprochen, jedoch ich kann die Zeit durch meiner Hände Arbeit, die ich in der Coronapandemie im Lockdown verbringe in die Holzfiguren eingravieren, die zentraler Bestandteil meiner Installation sind.
Was den „Dornröschenschlaf“ des Hauses in der Zeit von 1989-2003, der Wende bis zur Gründung des Vereines betrifft, so bin ich guter Hoffnung, dass sie dann in der vollumfänglich sichtbaren Installation zur Geltung kommen wird.Konzept und Umsetzung:
Ich plane eine Art Schaukasten in der Mittelkonsole das Waschraumes. Dazu sollte ein goldenes Rechteck von der Dimension 72x44,5cm direkt unter dem Holzbalken ausgesägt werden. Dieses Rechteck wird an beiden Seiten mit Glas verkleidet, das teilweise innen mit Spiegelfolie beschichtet wird, die Licht zu 80% durchlässt. Da sich auf diese Weise 2 Spiegel gegenüberstehen, die sich gegenseitig reflektieren, wird der Effekt eines Unendlichkeitsspiegels erzeugt. Wenn man nun ein Objekt (In diesem Fall geschnitzte beidseitig bemalte Holzfiguren) zwischen diese Spiegel stellt und es dann von oben beleuchtet, scheinen von beiden Seiten her betrachtet unendlich viele Figuren hintereinander in einer Reihe zu stehen, nur jeweils von einer anderen Perspektive.
Die Figuren sind ca. 23-27cm hohe geschnitzte Holzfiguren aus hellem Ahorn, die ich wie schon erwähnt während der Coronapandemie ausschließlich per Hand schnitzte. Sie stellen stilisierte menschliche Figuren da, deren Körper nicht immer vollständig sind. Manchmal scheinen es Körper von der Front- und Hinteransicht, manchmal von der Profilansicht zu sein. Eine Seite ist mit dem dunkelsten Schwarz angemalt, das ich bekommen kann, die andere mit dem hellsten Weiß. So ist der Kontrast maximal. Insgesamt werden mind. 5 Figuren in dem Schaukasten stehen. Sie stehen aufrecht auf tönernen Füßen, die ich aus Lehm und Leinöl selbst herstelle. Einige stehen zwischen 2 Unendlichkeitsspiegeln und spiegeln sich unendlich in die Tiefe, wobei auf den ersten Blick nur die helle Hälfte zu sehen sein wird, während die schwarze Seite irgendwo im Hintergrund verschwindet.
Andere Figuren stehen vor einem schwarzen Hintergrund, mit der hellen Hälfte diesem zugewandt. Auf den ersten Blick scheint die Figur ganz in dem schwarzen Hintergrund zu verschwinden, wenn man sich dann einen wenig bewegt, sieht man die helle Kontur der Figur, die von der weißen Hälfte her kommt.
Über jede der mind. 5 Figuren oder Figurengruppen wird ein warm- oder kaltweißer LED Spot installiert, der die Figur beleuchtet. Hierzu könnte ich auch noch mit Farbwechsel-LEDs experimentieren.
Auf diese Weise plane ich einen stetigen Wechsel von schwarzem Hintergrund und Unendlichkeitsspiegel wobei die schwarzen Hintergründe zur jeweils gegenüberliegender Seite zeigen. Es können sich vor Ort bei der Umsetzung noch Änderungen und Verbesserungen ergeben, die Botschaft sollte aber folgende sein: während einige der Figuren (im Unendlichkeitsspiegel) in der Wahrnehmung total überbewertet werden, verschwinden die anderen gleichartigen Figuren im dunklen Hintergrund und werden nur sichtbar, wenn man die Perspektive wechselt.
Weggelassen habe ich ein nachfolgendes Kapitel über die Nachhaltigkeit und Materialbeschaffenheit des Projektes. Ferner eine perspektivische Skizze, wie das ganze in die Wand einzubauen sei.
Hinzugefügt habe ich die Bemerkung an die Jury, daß es sich bei den Fotos von der Figuren um Probeaufnahmen handelt, die qualitativ sicher noch verbessert werden könnten. Auch daran wurde sich wohl aufgehangen!
Indess lasse ich der Jury ausrichten: Ich werde meine Forschung auf diesem Feld der Wahrnehmung weitermachen, und lasse mich von unsachlichen Ausreden nicht unterkriegen!
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